Aktuelles aus dem Stadtarchiv
Die stille Bedrohung im Archiv: Tintenfraß
Der Einsturz des Kölner Stadtarchivs, der Brand in der Herzogin Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar – solche Katastrophen bleiben im Gedächtnis. Die viel größeren Bedrohungen für schriftliches Kulturgut lauern jedoch heimlich, still und leise in Bibliotheken und Archiven. Schimmel, Säureschaden und Tintenfraß heißen die Übeltäter, die sich da in aller Ruhe am Papier zu schaffen machen. Auch die Bestände des Stadtarchivs in Villingen-Schwenningen bleiben leider nicht verschont. Deshalb widmet sich das Archivale des Monats diesmal dem Phänomen des Tintenfraßes.
Schon seit dem 3. Jahrhundert v. Christus bekannt und bis ins 19. Jahrhundert gern verwendet: die Eisengallustinte. Hergestellt aus Wasser, Gummi arabicum, Eisenvitriol und der Gallsäure aus Galläpfeln, zieht die Eisengallustinte wasserfest und dokumentenecht in das Papier ein. Ihre schwarze Farbe erhält sie, indem das in ihr enthaltende Eisen oxidiert. Problematisch wird es dann, wenn die Zusammensetzung nicht ganz ausgewogen ist. Wurde zu viel Eisenvitriol verwendet, dann kann die Säure aus den Galläpfeln das Eisensulfat nicht vollständig binden und das Unheil nimmt schleichend seinen Lauf. Über die Zeit reagiert das überschüssige Eisensulfat mit Sauerstoff und Luftfeuchtigkeit. Dabei entstehen Säuren, welche dann die im Papier enthaltene Cellulose angreifen und schlimmstenfalls komplett zersetzen.
Zunächst verfärbt sich der Bereich um die Schrift bräunlich, was die Lesbarkeit des Textes einschränkt und erschwert. Gut zu erkennen ist dies an der Überschrift „Rechnung“ der Geld- und Fruchtrechnung des Schaffners Mattheiß Vadin des Heilig-Geist-Spitals aus dem Jahre 1612. Der Begriff Schaffner bezeichnet im veralteten Gebrauch den Verwalter eines Gutes, Schlosses oder Klosters. Am Buchstaben R erkennt man, wie der Tintenfraß weiter voranschreitet. Durch den verstärkten Abbau der Cellulose bilden sich Risse und Ausbrüche. Ein besonders betroffenes Archivale im städtischen Bestand ist die Jahresrechnung des Heilig-Geist-Spitals von 1710. Große Teile des Wortes Rechnung und des Initiales J sind zersetzt und herausgebrochen. Die gesamte Seite ist hierdurch instabil und fragil und kann nur noch extrem vorsichtig und mit Vlies unterstützt bewegt, also z. B. umgeblättert, werden.


Bereits entstandene Schäden durch Tintenfraß sind irreversibel. Das Fortschreiten des Fraßes kann jedoch gebremst und bestenfalls verhindert werden. Hierzu gibt es verschiedene Verfahren, welche jedoch zeit- und kostenintensiv sind und je nachdem auch starke Eingriffe in das Schriftgut bedeuten. Vorbeugen bzw. minimieren kann man Schäden, indem die Luftfeuchtigkeit im Archiv konstant niedrig gehalten wird und so wertvolles Kulturgut erhalten wird.
Kloster Tannheim – ehemaliger Paulinerkonvent und Wallfahrtsort
Ein dickes Buch mit Tabellen und Namen – trocken wirkt das Urbarium des Flecken Tannheim von 1787 auf den ersten Blick. Doch hinter den Einträgen verbirgt sich ein Stück Klostergeschichte. Ein Urbarium war das Abgabenregister einer Grundherrschaft – eine Art Steuerliste des Mittelalters. Hier sind die Leistungen der Tannheimer Untertanen fein säuberlich verzeichnet, samt Empfängern. Unter der Rubrik II findet sich auch das „löbliche Gotteshaus Tannheim“. Das Archivale des Monats des Stadtarchives zeigt, dass Kloster und Dorf nicht nur geistlich, sondern auch wirtschaftlich verbunden waren.
Das Kloster Tannheim entstand im 14. Jahrhundert. Vielleicht geht es auf den geheimnisvollen Cuno „den Schweiger“ zurück – gesichert ist das aber nicht. Sicher ist: 1353 und 1354 tritt das Paulinerkloster erstmals urkundlich in Erscheinung. Bescheiden und klein war das Kloster über Jahrhunderte lang. Häufig lebte hier nur ein Prior. Zudem wurde es immer wieder durch Brände und Krieg zerstört. 1779 stand nach einem verheerenden Brand nichts mehr. Erst ein Neubau nach Plänen des fürstlichen Baudirektors Franz Joseph Salzmann gab dem Kloster eine neue Gestalt.
Auch mit dem Konvent ging es bergauf. Bald bestand er zusätzlich zum Prior aus einer Handvoll Mönche. Sie übernahmen zu großen Teilen die Seelsorge im Dorf und förderten eine Wallfahrt, die dem Kloster besondere Bedeutung gab: zum Grab des seligen Cuno. Ihm schrieb man wundersame Heilungen zu – gerade bei Knochenbrüchen. Für viele Gläubige war der „schweigende Gründer“ ein Wundertäter, für das Kloster eine wichtige Einnahmequelle.
Ende des 18. Jahrhunderts begann jedoch der Niedergang. Reformen und die napoleonischen Kriege setzen die Pauliner unter Druck. Am 24. Juni 1803 wurde das Kloster vom Fürst von Fürstenberg im Rahmen der Säkularisation endgültig aufgelöst. Die Kirche blieb bestehen und wurde neue Pfarrkirche des Ortes. Im Ostflügel des Klosters zog der Pfarrer ein, weitere Räume wurden teils vermietet. Doch das Gebäude war in schlechtem Zustand. Immer wieder klagten die Pfarrer über unzumutbare Wohnverhältnisse. Erst 1898 wurde die baufällige Anlage schließlich abgerissen. Mit ihr verschwand auch die Verehrung des seligen Cuno – sein geöffnetes Grab erwies sich ohnehin als leer. Heute erinnern nur noch die Klosterscheune, umgebaut zum Forsthaus, und eine kleine Kapelle auf der „Klosterwiese“ an das ehemalige Paulinerkloster.
Wer noch tiefer in die spannende Geschichte der Klöster der Region eintauchen möchte, ist herzlich zur Vorstellung des neuen „Badischen Klosterbuchs“ am Donnerstag, 30. Oktober 2025, um 19 Uhr im Franziskaner Chorraum in Villingen eingeladen.
Die Heimattage 1985 – Ein Blick zurück auf eine Woche Heimat pur
Sonntag, 8. September 1985: Fahnen wehen im Wind, Musik liegt in der Luft und fröhliche Zuschauer jubeln. Seit einer Woche haben die Heimattage Villingen-Schwenningen fest im Griff und bieten ein prallgefülltes buntes Programm. Das Archivale des Monats lädt mit den damaligen Veranstaltungsplakaten zu einer Zeitreise vor 40 Jahren ein.
Am 30. Mai 1984 überbrachte Dr. Martin Dorn, Vorsitzender des Arbeitskreises Heimattage Baden-Württemberg, die erfreuliche Nachricht: 1985 kommt das Landesfest in die Doppelstadt. Vom 2. bis 8. September, zum letzten Mal in einem kompakten einwöchigen Format, wird Villingen-Schwenningen Gastgeber und Bühne für die Heimattage.
Das von der Stadt und dem Arbeitskreis auf die Beine gestellte Festprogramm war beeindruckend: 47 prall gefüllte Seiten mit Theateraufführungen, Fachtagungen, Stadtführungen, Lesungen, Konzerten, alter Handwerkskunst, Kinder- und Jugendaktionen sowie Ausstellungen, darunter die Eröffnung der Erweiterung des Museums für Ur- und Frühgeschichte im Franziskaner.
Auch wenn nicht jede Programmentscheidung unumstritten war – etwa beim Jugend- und Kulturzelt am Niederen Tor, wo Rock, Pop und Blues auf Tracht und Brauchtum trafen – bleibt 1985 als ein Jahr in Erinnerung, in dem die ganze Stadt im Zeichen der Heimat stand.
2027 kehren die Heimattage zurück
In zwei Jahren ist es wieder so weit: Villingen-Schwenningen wird erneut Ausrichter der Heimattage sein. Passender könnte der Termin nicht liegen: In diesem Jahr feiert Villingen-Schwenningen nicht nur 55 Jahre Städtezusammenschluss, sondern gemeinsam mit dem Land auch 75 Jahre Baden-Württemberg. Beste Voraussetzungen um sich erneut mit dem Themenkomplex Heimat auseinanderzusetzen. Die Planungen laufen bereits auf Hochtouren, um erneut ein buntes und vielfältiges Fest für jedermann zu gestalten.
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