Tore und Türme

Tore und Türme waren ein nicht zu unterschätzender, wesentlicher Bestandteil einer städtischen Verteidigungsanlage. Wie wichtig Mauern und Türme zum Schutz einer Stadt in jenen Zeiten waren, zeigt sich an den insgesamt vier Belagerungen, welche der Stadtbezirk Villingen zwischen 1633 und 1704 über sich ergehen lassen musste.

 

Im Rahmen der Türme und Tore-Führung lässt sich nun auch ein Blick in bisher verschlossene und der Öffentlichkeit nicht zugängliche Gemäuer werfen.

Stadtführer Klaus Richter führt als Türmer Fidel in historischem Gewand in den Pulverturm, auf den Turm der Johanneskirche, in das Obere Tor und auf den Romäusturm.

Die Teilnehmer erwarten spannende Einblicke in das Innere der mittelalterlichen Türme sowie geheimnisvolle Geschichten über den Diebsturm, den Lokalhelden Romäus und die Verurteilten im Verlies.

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Stadttore

Nicht für die Öffentlichkeit zugänglich

Die drei Stadttore aus dem 13. Jahrhundert sehen sich sehr ähnlich und sorgen regelmäßig für eine gewisse Orientierungslosigkeit unserer Gäste. Sie unterscheiden sich nur durch die Farbe ihres Ziffernblatts: Riettor (blau), Bickentor (rot) und Oberes Tor (grün). Das vierte im Bunde, das Niedere Tor, fiel 1847 dem Bedarf an mehr Platz für größere Fuhrwerke zum Opfer. Aus einem Teil der Steine wurden das Amtsgericht und das Gefängnis gebaut.

Riettor

Westen

Das älteste Stadttor

Der Bau reicht bis in das Jahr 1233 zurück. Dendrochronoligische Untersuchungen ergaben, dass das Bauholz im Winter 1232/33 gefällt wurde. 1293 wurde das Tor erstmals schriftlich erwähnt. Ein Teilabriss 1533 ist belegt. Beim Riettor befindet sich der Treppenaufgang zum "Keffit" – Gefängnis.

Oberes Tor

Norden

Das jüngste Tor mit dem höchsten Turm

Der Baubeginn ist wegen nachhaltiger Umbauten leider nicht feststellbar.
Das älteste datierte Bauteil stammt von 1493/94.
Im 2. Stock befindet sich eine als Arrestzelle genutzte Blockstube.

Bickentor

Osten

Wurde als eines der ersten Tore erbaut

Das Bickentor in Villingen wurde um das Jahr 1260 erbaut und ist heute 18 Meter hoch. Der Grundriss des mittelalterlichen Tores beträgt 8 mal 11 Meter. Angebaut ist die Klosterkapelle St. Ursula. Seit 1480 beherbergt das Kloster einen Klarissenorden. 1782 wurde es zum Ursulinen-Kloster mit Mädchenschule. Bis heute ist es Gymnasium und Realschule. Das Kloster bestand bis zum Sommer 2015 fort und schloss dann seine Pforten.

Der Name Bickentor (am Fuß des Bickebergs) geht zurück auf die Zeit vor der Stadtgründung als jenseits der Brigach schon Alemannen siedelten. Einer von ihnen namens „Bicko“ hatte auf dem Bickeberg seinen Hof.

Kaiserturm

Einziger begehbarer Wehrturm, Öffnungszeiten nach Vereinbarung

Der 31 m hohe Kaiserturm wurde im Jahr 1372 errichtet. In fünf Stockwerken wird der Besucher über die Villinger Wehranlagen und Belagerungen informiert. Im obersten Stockwerk bietet sich ein reizvoller Ausblick. Hier ist eine Diashow in Überblendtechnik zu sehen. Er hieß früher "Gerberturm" (1692), "Wachtelturm" (1806) und "Schnabelturm" (bis ca. 1870).

Als Deutschland nach dem gewonnenen Krieg gegen Frankreich 1870/71 zum ersten Mal geeint wurde und der preußische König deutscher Kaiser wurde, wurden viele Straßen und Denkmäler in ganz Deutschland in Kaiserstraßen und Kaiser… umbenannt. Deshalb erhielt der der Turm 1871 seine heutige Bezeichnung.

Im Zuge einer Stadtführung kann man ihn mit einem Sektempfang und einer Dia-Show besichtigen.

Romäusturm

Nicht für die Öffentlichkeit zugänglich

Mit 39 Metern ist der Romäusturm der höchste Wehrturm in der Stadtmauer. Die Nordseite des Turms ziert ein überlebensgroßes Bild des Lokalhelden Romäus, der hier einst gefangen war und der sich mit seinem Ausbruch aus dem Verlies des einstigen Michaelsturms unsterblich gemacht hat. 1390 entstanden die zwei unteren Geschosse. 1429 kamen das 3. und 4. Obergeschoss hinzu.

Verteidigungsstrategisch kam ihm eine doppelte Bedeutung zu. Man konnte hier gleichzeitig den Nahbereich vor der Mauer und den Toren verteidigen während gleichzeitig die feindlichen Geschützstellungen auf dem Hubenloch beschossen wurden.

im 13. Jahrhundert lebte in der Zähringerstadt Villingen ein Mann namens Romäus. Dieser Mann war so groß, dass er ohne Mühe in den zweiten Stock der Häuser schauen konnte. Drei Pfauenfedern an seinem Hut verstärkten den Eindruck seiner Größe noch.

Romäus arbeitete als Holzfäller im nahegelegenem Schwarzwald. Eines Tages hatte er seinen Wagen mit besonders großen Baumstämmen beladen und die Ochsen konnten ihn nicht mehr ziehen. Da hob er die Ochsen auf den Wagen und zog diesen samt den Bäumen und Ochsen ganz alleine nach Villingen. So stark war Romäus.

Vor allem wegen seiner imposanten Gestalt wählten die Villinger Romäus zum Anführer der Bürgerwehr. In diesem Amt brachte er es zu einer überregionalen Berühmtheit. In Schlachten mit anderen Städten wie Hornberg oder Rottweil ging er jeweils siegreich hervor.
Besonders erwähnenswert ist einer seiner Alleingänge nach Rottweil. Mitten in der Nacht watete er durch den Stadtgraben und befand sich kurz darauf auf dem Marktplatz. Die Rottweiler, welche ihn bereits seit langen gerne gefangengenommen hätten, schlossen sofort ihre Stadttore und dachten, sie hätten Romäus jetzt in der Falle.
Dieser schritt aber seelenruhig auf eines der Stadttore zu, hob die beiden Torflügel aus den Angeln und verschwand nach Villingen. Dort wurden sie am Oberen Tor, welches zu dieser Zeit gerade fertig gestellt war, angebracht.

So wie sein Ruhm wuchs, so sank seine Achtung gegen die Obrigkeit. Als es arg zu schlimm wurde, beschloss der Stadtrat zu einer List zu greifen, um ihn gefangen zu nehmen. Sie gaben ihm den Auftrag eine besonders schwere Truhe aus dem Verließ des Diebesturms zu holen. Dafür sollte er eine gute Belohnung bekommen.
Also stieg Romäus die Leiter hinab, welche in den Kerker führte. In dem Moment als er die Truhe anhob, zogen die Stadtknechte die Leiter hoch und schlossen die Falltür. So wurde der starke Romäus gefangen.

Da der Riese der Stadt jedoch viele gute Dienste geleistet hatte, wollte man ihn nicht so schlecht behandeln wie die anderen Gefangenen und warf ihm jeden Tag große Portionen vom besten Fleisch in die Zelle.
Aus den Knochen von Schafen und Kälbern baute er sich eine Leiter, indem er sie in die Ritzen zwischen den Steinen steckte. So schaffte er es nach mehreren Monaten zur Tür zu gelangen und diese aufzubrechen. Da er mit seinen riesigen Händen und Füßen ein schlechter Kletterer war, schob er die Knochen auch beim Abstieg in die Mauerritzen, um sich an ihnen festzuhalten. So entkam er in einer dunklen Gewitternacht aus dem Gefangenenturm.

Romäus begab sich direkt zu dem Schloss Busenberg, welches mit Villingen im Streit lag. Dieses Schloss belagerte er ganz alleine so lange, bis es sich ihm ergab.
Danach ging er zurück nach Villingen, wo man ihn wegen dieser Heldentat wieder freundlich aufnahm und sogar bis zu seinem Tode für seinen Lebensunterhalt aufkam.

Der Turm in dem Romäus gefangen gehalten wurde, ist seit damals unter dem Namen Romäusturm bekannt. Manche behaupten sogar, dieser Turm sei um den riesigen Romäus herum gebaut worden, um ihn gefangen zu nehmen. Auf jedenfall ist heute ein riesiges Bild von ihm außen auf den Turm gemalt.

Pulvertürmle

Nicht für die Öffentlichkeit zugänglich

Der Villinger Stadtmauer vorgelagerten Turm stammt aus dem Jahr 1499 und diente zur Lagerung von Munition und Schießpulver. Die Lagerung durfte einerseits die Bewohner der Stadt nicht gefährden, andererseits musste das Pulver aber auch vor äußeren Zugriffen geschützt werden. So bot sich der Bau eines solchen Pulverturms direkt an der Stadtmauer an. Also wurden 1499 insgesamt vier sogenannte 'Pulverrondelle' erbaut, wovon heute nur noch ein einziger erhalten ist.